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@ Genexyz
2024-11-19 07:23:22
Prinzipiell dürfte die Annahme gelten, dass der/die durchschnittliche Bitcoin HODLer//in eher jünger und technikaffin ist, weshalb sich das Thema Bitcoin im Zusammenhang mit unserem eigenen Ableben meist selten stellt. Die meisten von uns beschäftigen sich mit dem Hier und Jetzt und vielleicht mit der nahen Zukunft von Bitcoin, der Zukunft unserer Welt unter einem Bitcoin Standard oder der Zukunft im Hinblick auf technologischen Fortschritt und Weiterentwicklung. Jedoch an seinen eigenen Tod und den damit verbundenen Folgen denkt niemand so gerne. Und doch ist es wichtig, sich mal darüber Gedanken zu machen, was mit den erworbenen bitcoins passiert, wenn wir mal nicht mehr sind. Zentralisierte Dienste wie Google oder Facebook bieten Dienste an, die sich genau mit diesem Thema auseinandersetzen, also wer verwaltet meine Konten, Abos, usw. wenn ich mal sterben sollte. Doch ist es bei solchen Diensten einfacher, denn diese Dienste stellen auch den Pförtner zu den Konten dar und wenn ich alles richtig veranlasst habe, gewähren diese meinen Hinterbliebenen Zugang zu meinen Daten. Bei Bitcoin ist dies anders, denn im Idealfall haben wir einen solchen zentralen Pförtner nicht. Wir müssen also selbst dafür sorgen, dass die richtigen Personen Zugriff auf unsere Ersparnisse bekommen. Dabei sehe ich die folgenden Szenarien:
1. Nichts tun
2. Exchange plus Passwort
3. Desktop Wallet
4. Mobile Wallet
5. Paper Wallet zu Hause
6. Paper Wallet im (Bank-)Safe
7. Hardware Wallet zu Hause
8. Hardware Wallet im (Bank-)Safe
9. Multisig Lösung
10. Custodial Service
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Also der Reihe nach.
### 1) Nichts tun
Dieser Fall ist der Einfachste. Ich kümmere mich um nichts, sollen mir doch alle gestohlen bleiben. Meine bitcoins nehme ich mit ins Grab. Dafür, dass ich immer als Nerd und "der eine Freund mit Bitcoin" belächelt wurde, sollen die alle büßen!
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### 2) Exchange plus Passwort
Ich habe meine bitcoins auf einem Exchange liegen und habe mich sowieso nie mit vernünftiger Verwahrung von Bitcoin auseinandergesetzt. Das Passwort habe ich auf meiner Passwort-Liste in meiner Dropbox unter Passwörter.docx gespeichert. Das Passwort für meine Dropbox natürlich auch. Meine Hinterbliebenen werden das Passwort schon erraten, ich benutze ja für alle Accounts seit Jahren das gleiche. Das wird schon klappen.
### 3) Desktop Wallet
Desktop Wallets haben den Vorteil, dass der Familien PC/Mac/Laptop bei den meisten Familien für alle zugänglich ist und dass es auch für Desktops sogenannte Cold-Wallets (also nicht mit dem Internet verbunden) gibt. Mit dem Zugriff ist die erste Hürde genommen, allerdings lassen sich auch Desktop Wallets mit einem Passwort versehen. Dieses sollte natürlich vorsorglich so hinterlegt werden, dass eine vertraute Person in Notfällen Zugriff darauf hat. Jetzt bleibt natürlich das Restrisiko eines Festplattencrashs oder der generelle Verlust des Geräts. Auch sollte den Hinterbliebenen immer auch die Information zuteil werden, dass auf dem besagten Gerät eine Wallet installiert ist und im besten Falle auch, wie diese zu bedienen ist. Definitiv sicherer als irgendwelche Exchanges oder andere Services, die Bitcoin für den Nutzer verwahren. Not your keys, not your coins!
### 4) Mobile Wallet
Im Vergleich zum Desktop Wallet viel schwieriger, da so ein Mobiltelefon a) eine viel kürzere Lebensdauer hat, b) viel höherem Risiko ausgesetzt ist kaputt oder verloren zu gehen, c) mit biometrischen Zugangsdaten verschlüsselt werden kann und d) nur Hot-Wallets einsetzen kann. Abgesehen vom letzten Punkt, der ein generelles Sicherheitsrisiko darstellt, sind Mobiltelefone einfach viel schwieriger weiterzugeben und im Falle eines (plötzlichen - und davon gehen wir ja wahrscheinlich gerade aus) Ablebens, ist es sicherlich bei der fraglichen Person, d.h. es nimmt sehr wahrscheinlich Schaden. Eine Mobile Wallet sollte also nie die einzige Verwahrmethode sein. Natürlich sollte es immer noch den Seed-Phrase-Backup geben, jedoch wird dieser meist auf Papier notiert und zu Hause verstaut, also weiter zu 5).
### 5) Paper Wallet zu Hause
Ob Paper Wallet oder Seed-Phrase-Backup. Ob Private Key notiert auf Papier, oder 12 bzw. 24 Wörter notiert auf Papier. Papier bleibt Papier und damit anfällig für äußere Schäden und ist leicht zu verlieren. Sollte dies die Methode meiner Wahl sein, bietet es sich an, diesen vielleicht als Anhang meinem Testament beizufügen. Damit wäre alles an einem Ort und der testamentarische Verweis auf meine bitcoins könnte sofort auf den Private Key / Seed-Phrase hinweisen. Aber wenn ich dieses Testament in Papierform zu Hause aufbewahre, gehe ich wieder das Risiko des Fremdzugriffs und der äußeren Anfälligkeit ein.
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### 6) Paper Wallet im Safe
Also verwahre ich das Stück Papier im Safe entweder zu Hause oder bei der Bank. Dies ist prinzipiell keine schlechte Idee, solange die Hinterbliebenen Zugriff zu dem Safe bekommen.
### 7) Hardware Wallet zu Hause
Für zu Hause verwahrte Lösungen ist das Hardware Wallet wahrscheinlich die beste. Es bietet ausreichend Sicherheit, aber auch Nutzerfreundlichkeit, sodass auch nicht so technikaffine Hinterbliebene damit umgehen können. Wichtig ist jedoch, wie bei allen Lösungen, die ordnungsgemäße Aufbewahrung und darüber hinaus die sichere Lagerung der Seed-Phrases.
### 8) Hardware Wallet im (Bank-)Safe
Die wahrscheinlich sicherste Lösung, um bitcoin sicher zu verwahren. Allerdings auch etwas unbequem für den täglichen Gebrauch. Doch mit Hinblick auf Vererben von Bitcoin, lässt sich im Schließfach auch eine kurze Anleitung mit allen wichtigen Informationen und Schritten zum Zugänglichmachen des Vererbten beilegen. So hat der/diejenige mit Zugang auf das Schließfach auch automatisch Zugang auf meine bitcoins.
### 9) MultiSig Lösung
MultiSig Wallets bieten die Möglichkeit Wallets einzurichten, die mehreren Nutzern Zugriff auf die hinterlegten bitcoins gewähren. In der einfachsten Variante kann ich also einer oder mehreren Vertrauten zum jetzigen Zeitpunkt schon Zugang zu meiner Wallet gewähren, ohne mich darum zu kümmern, wie nach meinem Ableben physische oder digitale Informationen übermittelt werden. In komplizierten Szenarien ließen sich auch Modelle entwickeln, in denen nur mit 2 von 3 Schlüsseln Transaktionen unterschrieben werden können. Den dritten Schlüssel könnte eine vertrauenswürdige dritte Person, wie z.B. ein Notar verwalten, oder dieser Schlüssel wird in einem Schließfach verwahrt. Es lassen sich verschiedene Modelle erdenken und der Vorteil ist, dass ich diese Maßnahmen heute schon gut ergreifen kann. Sie setzen jedoch eine gewisse Kompetenz der Hinterbliebenen voraus, weshalb diese Lösung auch etwas komplizierter erscheint.
### 10) Custodial Service
Eine letzte Möglichkeit bieten Drittanbieter wie Casa. Sie verbinden die Sicherheit der MultiSig Lösung mit der Nutzerfreundlichkeit einer App. Kurz erklärt: Anstatt eines Notars oder einer anderen dritten Person springen diese Anbieter als einer der Key-Holder ein. Dies ist insofern sicher und nicht mit einem Exchange zu vergleichen, als dass dieser Anbieter mit dem einen Key niemals Zugriff auf die Wallet bekommt. Ausserdem bieten diese Dienste Funktionen an, verlorene Keys zu ersetzen, sie bieten Trainings an und stellen sogar in vielen Fällen (und je nach Paket) die benötigte Hardware zur Verfügung. Allerdings sind diese Services mit hohen Kosten verbunden und lohnen sich dementsprechend auch nur für größere Summen Bitcoin.
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Am Ende bleibt festzuhalten, dass die gewählte Methode immer davon abhängt, wie sehr man sich mit dem Thema auseinandersetzen möchte, wie hoch die Summe der zu vererbenden bitcoins ist, wer die Zielgruppe ist (also wie technikaffin schätze ich meine Hinterbliebenen ein) und wie sehr man möchte, dass die Hinterbliebenen auf die gesparten bitcoins Zugriff erlangen. Bei fast allen Methoden sollte man sicherstellen, dass im Falle eines Ablebens die folgenden Punkte geklärt sind:
1. Zugriff auf Passwort, Hardware und Schließfach / Versteck
2. Information, darüber dass Bitcoin hinterlassen / gespeichert ist
3. Sachkundige und vertrauenswürdige Person benennen, die im Notfall bitcoins handhaben / liquidieren / investieren kann Es ist also alles nicht so einfach. Und mit dem Thema Erbschaftssteuer haben wir uns nicht mal im Entferntesten auseinandergesetzt 🤮
🫳🎤
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In diesem Sinne, 2... 1... Risiko!
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