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@ Andreas Rottmann
2025-03-11 10:22:36
**«Wir brauchen eine digitale Brandmauer gegen den Faschismus»,** [schreibt](https://www.ccc.de/de/updates/2025/ccc-fordert-digitale-brandmauer) der Chaos Computer Club (CCC) auf seiner Website. Unter diesem Motto präsentierte er letzte Woche einen Forderungskatalog, mit dem sich 24 Organisationen an die kommende Bundesregierung wenden. Der Koalitionsvertrag müsse sich daran messen lassen, verlangen sie.
**In den drei Kategorien «Bekenntnis gegen Überwachung»,** «Schutz und Sicherheit für alle» sowie «Demokratie im digitalen Raum» stellen die [Unterzeichner](https://d-64.org/digitale-brandmauer/), zu denen auch Amnesty International und Das NETTZ gehören, unter anderem die folgenden «Mindestanforderungen»:
* Verbot biometrischer Massenüberwachung des öffentlichen Raums sowie der ungezielten biometrischen Auswertung des Internets.
* Anlasslose und massenhafte Vorratsdatenspeicherung wird abgelehnt.
* Automatisierte Datenanalysen der Informationsbestände der Strafverfolgungsbehörden sowie jede Form von Predictive Policing oder automatisiertes Profiling von Menschen werden abgelehnt.
* Einführung eines Rechts auf Verschlüsselung. Die Bundesregierung soll sich dafür einsetzen, die Chatkontrolle auf europäischer Ebene zu verhindern.
* Anonyme und pseudonyme Nutzung des Internets soll geschützt und ermöglicht werden.
* Bekämpfung «privaten Machtmissbrauchs von Big-Tech-Unternehmen» durch durchsetzungsstarke, unabhängige und grundsätzlich föderale Aufsichtsstrukturen.
* Einführung eines digitalen Gewaltschutzgesetzes, unter Berücksichtigung «gruppenbezogener digitaler Gewalt» und die Förderung von Beratungsangeboten.
* Ein umfassendes Förderprogramm für digitale öffentliche Räume, die dezentral organisiert und quelloffen programmiert sind, soll aufgelegt werden.
**Es sei ein Irrglaube, dass zunehmende Überwachung einen Zugewinn an Sicherheit darstelle,** ist eines der Argumente der Initiatoren. Sicherheit erfordere auch, dass Menschen anonym und vertraulich kommunizieren können und ihre Privatsphäre geschützt wird.
**Gesunde digitale Räume lebten auch von einem demokratischen Diskurs,** lesen wir in dem Papier. Es sei Aufgabe des Staates, Grundrechte zu schützen. Dazu gehöre auch, Menschenrechte und demokratische Werte, insbesondere Freiheit, Gleichheit und Solidarität zu fördern sowie den Missbrauch von Maßnahmen, Befugnissen und Infrastrukturen durch «die Feinde der Demokratie» zu verhindern.
**Man ist geneigt zu fragen, wo denn die Autoren «den Faschismus» sehen,** den es zu bekämpfen gelte. Die meisten der vorgetragenen Forderungen und Argumente finden sicher breite Unterstützung, denn sie beschreiben offenkundig gängige, kritikwürdige Praxis. Die Aushebelung der Privatsphäre, der Redefreiheit und anderer Grundrechte im Namen der Sicherheit wird bereits jetzt massiv durch die aktuellen «demokratischen Institutionen» und ihre «durchsetzungsstarken Aufsichtsstrukturen» betrieben.
**Ist «der Faschismus» also die EU und ihre Mitgliedsstaaten?** Nein, die «faschistische Gefahr», gegen die man eine digitale Brandmauer will, kommt nach Ansicht des CCC und seiner Partner aus den Vereinigten Staaten. Private Überwachung und Machtkonzentration sind dabei weltweit schon lange Realität, jetzt endlich müssen sie jedoch bekämpft werden. In dem Papier heißt es:
> «Die willkürliche und antidemokratische Machtausübung der Tech-Oligarchen um Präsident Trump erfordert einen Paradigmenwechsel in der deutschen Digitalpolitik. (...) Die aktuellen Geschehnisse in den USA zeigen auf, wie Datensammlungen und -analyse genutzt werden können, um einen Staat handstreichartig zu übernehmen, seine Strukturen nachhaltig zu beschädigen, Widerstand zu unterbinden und marginalisierte Gruppen zu verfolgen.»
**Wer auf der anderen Seite dieser Brandmauer stehen soll, ist also klar.** Es sind die gleichen «Feinde unserer Demokratie», die seit Jahren in diese Ecke gedrängt werden. Es sind die gleichen Andersdenkenden, Regierungskritiker und Friedensforderer, die unter dem großzügigen Dach des Bundesprogramms «Demokratie leben» einem «kontinuierlichen Echt- und Langzeitmonitoring» wegen der Etikettierung [«digitaler Hass»](https://bag-gegen-hass.net/) unterzogen werden.
**Dass die 24 Organisationen praktisch auch die Bekämpfung von Google,** Microsoft, Apple, Amazon und anderen fordern, entbehrt nicht der Komik. Diese fallen aber sicher unter das Stichwort «Machtmissbrauch von Big-Tech-Unternehmen». Gleichzeitig verlangen die Lobbyisten implizit zum Beispiel die Förderung des [Nostr](https://reason.com/video/2024/09/17/is-nostr-an-antidote-to-social-media-censorship/)-Netzwerks, denn hier finden wir dezentral organisierte und quelloffen programmierte digitale Räume par excellence, obendrein zensurresistent. Das wiederum dürfte in der Politik weniger gut ankommen.
*\[Titelbild:* *[Pixabay](https://pixabay.com/de/illustrations/uns-ihnen-stammes-wettbewerb-1767691/)]*
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Dieser Beitrag ist zuerst auf ***[Transition News](https://transition-news.org/digitale-brandmauer-gegen-den-faschismus-von-der-kunftigen-bundesregierung)*** erschienen.