
@ Philipp Mattheis
2025-03-10 08:28:07
Liebe Abonnenten,
[800 Milliarden Euro will die EU ausgeben](https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/sv/statement_25_673), um die Ukraine und den Kontinent in ein “stählernes Stachelschwein” zu verwandeln. Deutschland selbst will künftig Verteidigungsausgaben aus der Schuldenbremse ausnehmen, was nichts anderes als eine unbegrenzte Kreditlinie für das Militär bedeutet. [Hinzu kommt ein “Sondervermögen” in Höhe von 500 Milliarden Euro für Infrastruktur](https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/sondierungen-finanzen-faq-100.html). Das klingt nach einem Spartopf, den man für schwere Zeiten angelegt hat. Es soll die Tatsache verschleiern, dass es sich dabei um Schulden handelt. Der vermutlich baldige Kanzler Friedrich Merz bricht damit sein Wahlversprechen, die Schuldenbremse einzuhalten. Beschließen soll das Paket noch ein abgewählter Bundestag, da im neuen wohl die Mehrheit fehlt.
Womit also ist zu rechnen, wenn demnächst fast eine Billion frisch gedruckte Euro in Drohnen, Panzer und Raketen investiert werden?

Das beste Beispiel der jüngeren Geschichte ist China: 2009 legte die chinesische Regierung das bisher größte Infrastrukturprojekt der Welt in Höhe von 440 Milliarden Euro auf. Finanziert wurde es durch günstige Kredite, die vor allem an Staatsunternehmen vergeben wurden. Nachdem die Welt nach der in den USA ausgelösten Immobilienkrise 2008 in die Rezession gerutscht war, „rettete“ dieses Paket die globale Konjunktur. China hatte zu diesem Zeitpunkt großen Bedarf an Flughäfen, Straßen und vor allem Zügen. Das Paket war riskant: Schier unbegrenztes Geld, das begrenzten Waren hinterherjagt, führt zu Inflation. Billige Kredite führen meist dazu, dass Unternehmen nicht mehr effizient wirtschaften, und Schuldenberge vor sich her wälzen.
Allerdings wurde das Geld in Produktivität investiert. Denn wenn Menschen und Waren einfacher reisen können, nimmt die Geschäftstätigkeit zu: Arbeitnehmer werden mobiler, Unternehmen konkurrenzfähiger, die Preise sinken. Die Investitionen lohnen sich also, weil sie zu mehr Wirtschaftswachstum führen. Vereinfacht gesagt: Die Schulden können zurückgezahlt werden, und am Ende bleibt noch mehr übrig. In diesem Fall führen Schulden nicht zu Inflation: Durch die gesteigerte Produktivität stehen jetzt sogar mehr Waren der Geldmenge gegenüber.
15 Jahre später kämpft die zweitgrößte Volkswirtschaft zwar noch immer mit den Problemen, die aus diesem Paket resultieren - die Immobilienkrise ist eine indirekte Folge davon. Trotzdem war das Programm ein Erfolg: die Städte, Flughäfen und vor allem Zugstrecken führten zu einer höheren wirtschaftlichen Aktivität oder Produktivität. China ist heute ein wesentlich moderneres Land als vor dem Paket, und verfügt über modernste und größte Netz aus Hochgeschwindigkeitszügen der Welt. Neue Schulden können positiv sein - wenn das Geld produktiv investiert wird.

Auch in Europa lassen sich mit dem Geld-Paket zunächst mehrere Probleme auf einmal lösen: Deutschland ist noch immer ein Industriestandort mit hohen Produktionskapazitäten. Werke der Auto- und Zulieferindustrie können theoretisch zur Waffenproduktion umfunktioniert werden. Immer noch besser als sie stillzulegen oder an die Chinesen zu verkaufen, werden viele Kommentatoren schreiben.
Allein in der deutschen Automobil-Zulieferindustrie sind im vergangenen Jahr über 19000 Arbeitsplätze verloren gegangen. Viele von den Entlassenen können nun Arbeit in der Rüstungsindustrie finden. Oder wie Hans Christoph Atzpodien, [Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie in der WirtschaftsWoche sagt](https://www.wiwo.de/politik/deutschland/schuldenplaene-ruestungsfirmen-scharf-auf-beschaeftigte-der-autoindustrie/30240510.html):
> *„Das Motto muss lauten: Autos zu Rüstung! Anstatt einen volkswirtschaftlichen Schaden durch den Niedergang der Auto-Konjunktur zu beklagen, sollten wir versuchen, Produktionseinrichtungen und vor allem Fachkräfte aus dem Automobilsektor möglichst verträglich in den Defence-Bereich zu überführen“*
Immerhin: ein großer Teil des Geldes soll auch in Infrastrukturprojekte fließen: Brücken, Bahn, Internetausbau. Deutschland, und damit Europa, wird in den kommenden Monaten also eine große Party feiern, die über die Tatsache hinwegtäuschen wird, dass man einen dummen Krieg verloren hat. In den kommenden Monaten werden sich Verbände und Organisationen um das Geld reißen. Das Geld wird ein auch kollektiv-psychologisches Ventil sein, um das eigene Versagen bei Corona, Klima und Ukraine vergessen zu machen.
Es gibt allerdings einen wesentlichen Unterschied zum chinesischen Stimulus-Paket 2009: Rüstungsgüter sind im Gegensatz zu Zugstrecken totes Kapital. Eine neue Drohne oder Panzer führt nicht zu mehr Produktivität, im Gegenteil: Kommen sie zum Einsatz, zerstören sie Brücken, Häuser, Straßen und töten Menschen. Die Produktivität sinkt also. Im besten Fall kann Militärgerät herumstehen und vor sich hin rosten. Auch dann aber ist es „totes Kapital“, das nichts zur Produktivität beiträgt. Kommt es zum Einsatz, stehen der nun verringerten Warenmenge eine noch größere Geldmenge gegenüber. Die Inflation steigt.
**Schleichende Militarisierung**
Auch gesellschaftlich wird das Paket mit seinem Blanko-Scheck für die Verteidigungsindustrie viel verändern: Es kommt zu einer „Eichung“ der Gesellschaft, eine kollektive Abscheu des gemeinsamen Feindes. Scharfmacher, eigentlich mittelmäßiger Akademiker und Bürokraten, wie Carlo Masala und Claudia Major werden eine noch größere Rolle im öffentlichen Diskurs spielen und die Talkshows dominieren, die von einer immer älter werdenden deutschen Bevölkerung geglotzt werden. Abweichende Meinungen auf Online-Plattformen zensiert, unter dem Vorwand, die Demokratie sei in Gefahr:

Da die Rüstungsindustrie dann eine wichtigere Rolle für die Gesamtwirtschaft spielt, wird ihr Einfluss auf die Politik in Form von Lobbyisten und Verbänden zunehmen. [Politiker merken schnell, dass sie von der medialen Aufmerksamkeitsökonomie ](https://x.com/RKiesewetter/status/1897588039418851682)nach oben gespült werden, wenn sie immer radikalere Forderungen stellen. So empfahl der ehemalige [Außenminister Joschka Fischer die Woche die Wiedereinführung der Wehrpflicht für Männer und Frauen](https://x.com/PhilippMattheis/status/1896862517688979535). “Star-Ökonomin” Isabella Weber will die Kriegswirtschaft mitplanen:

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Der Kontinent wird sich langsam wandeln von einem „Friedensprojekt“ zu einem „metallenen Stachelschwein“, ergo Kriegsprojekt, denn ohne dämonisierten Feind funktioniert das Programm nicht. Der Ton wird rauer, autoritärer, und die Meinungsfreiheit weiter eingeschränkt werden. Die seit 2020 eingeführten Werkzeuge zur soften Propaganda („[kognitive Kriegsführung](https://www.youtube.com/watch?v=FCIsI9auGoQ)”) werden verfeinert und ausgebaut werden, sodass weiterhin 80 Prozent der Bevölkerung alle noch so antihumanen Maßnahmen gutheißen werden.
Und dann?
Wie Julian Assange einmal sagte: “[Das Ziel ist kein erfolgreicher Krieg. Das Ziel ist ein endloser Krieg.](https://x.com/wikileaks/status/1551583003490623488)” Der Konflikt muss weitergehen, ewig schwelen oder ein neuer gefunden werden, da sonst ein Teil der Wirtschaftsleistung kollabiert.
Nach ein, zwei oder auch erst drei Jahren, werden erste Probleme sichtbar. Die Party endet, der Kater setzt langsam ein. Die Finanzierung an den Kapitalmärkten wird für Deutschland immer kostspieliger. Der Schuldendienst wird einen größeren Teil des Haushalts einnehmen. Die Bürger müssen dies mitfinanzieren. Der voraussichtlich neue Bundeskanzler Friedrich Merz sprach bereits von der „[Mobilisierung der deutschen Sparguthaben](https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/wirtschaft/merz-enteignung-private-konten-infrastruktur-fakecheck-100.html)“.
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Was im Ersten Weltkrieg „Kriegsanleihen“ hieß, wird einen schickeren Namen bekommen wie „olivgrüne Bonds“. You name it. Alternativ lässt sich ein Verteidigungs-Soli einführen, oder das [Kindergeld streichen, wie kürzlich Ifo-Chef Clemens Fuest forderte](https://www.wiwo.de/politik/konjunktur/nice-to-have-ifo-chef-fuest-fordert-abschaffung-des-elterngelds/30236948.html).
*Was kann man tun?* *[Auf BlingBling geht es um konkrete Tipps](https://blingbling.substack.com/p/panzer-statt-autos), welche Anlagen von dieser Entwicklung profitieren werden. Außerdem geht es um die “Strategische Bitcoin Reserve”, die am Donnerstag beschlossen wurde.*