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@ Philipp Mattheis
2025-04-28 06:47:00"Many of us are pondering when things will return to normal. The short response is: never. Nothing will ever return to the “broken” sense of normalcy that prevailed prior to the crisis because the coronavirus pandemic marks a fundamental inflection point in our global trajectory."
Klaus Schwab & Thierry Malleret: “The Great Reset”
„Es ist die Frage, ob wir die normale Wasserversorgung der Bevölkerung privatisieren sollten. Es gibt zwei unterschiedliche Meinungen dazu. Die eine Meinung, die ich für extrem halte, wird von NGOs vertreten, die darauf bestehen, Wasser als öffentliches Recht zu deklarieren. Das bedeutet, dass man als Mensch ein Recht auf Wasser haben sollte. Das ist eine extreme Lösung.“
Peter Brabeck-Letmathe, Ex-CEO von Nestlé, Nachfolger von Klaus Schwab beim WEF
Liebe Abonnenten,
vergangenes Wochenende verstarb nicht nur der Papst. Auch eine weitere graue Eminenz des Weltgeschehens verabschiedete sich. Klaus Schwab, Gründer und langjähriger Präsident des World Economic Forum gab seinen Rücktritt bekannt. Kurz darauf wurden nicht nur Vorwürfe sexueller Belästigung gegen den 87-Jährigen laut. Schwab soll laut eines anonymen Whistleblowers auch den Global Competitiveness Report manipuliert haben. Zahlreich sind die Verschwörungstheorien, die sich um das Treffen der Mächtigen ranken, und manche von ihnen dürften sich mit Schwabs Abgang als wahr erweisen. Die Zeit des WEF geht zu Ende und damit auch die seiner Verschwörungstheorien. Ein Abgesang.
Im Juni 2020 erschien ein Buch namens „The Great Reset“. Es markiert den Höhepunkt des Einflusses von Klaus Schwab, dem Gründer des World Economic Forums. Schwab und sein WEF existierten da schon fast 50 Jahre. 2020 aber schien es, wurde der Club der Mächtigen und Reichen zur Quasi-Weltregierung. „The Great Reset“ liest sich tatsächlich, als hätten Schwab und sein Co-Autor Thierry Malleret das Manifest schon lange in der Schublade gehabt und nur auf den günstigen Zeitpunkt gewartet, es zu veröffentlichen.
Im Januar 2020 hatte das WEF auch die bisher höchsten Teilnehmerzahlen zu verbuchen: Damals kamen rund 3000 Top-Manager und Staatschefs aus der ganzen Welt in den kleinen Schweizer Bergort Davos. Gerüchte, wonach Escortservices zu dieser Zeit Spitzenpreise verlangen, sind übrigens glaubwürdig. Fünf Jahre später aber war die Anzahl der Teilnehmer bereits auf rund 2500 gesunken. Zwar entsandten noch immer alle Leitmedien mehrere Redakteure auf das Spitzentreffen, um Interviews mit CEOs und Politikern abzugreifen. Die Medienpräsenz der Veranstaltung aber hat stark gelitten.
Und Schwab, der sich 2020 mit seinem „Great Reset“ wohl auf dem Höhepunkt seines Ruhms wähnte, war mittlerweile mehr berüchtigt als berühmt. Trotz quantitativer Zensurmaßnahmen der großen Plattform-Betreiber in den dunklen Covid-Jahren ist der eigentümlich hölzern sprechende Mensch heute vor allem wegen der zahlreichen Verschwörungstheorien bekannt, die sich um ihn und das WEF ranken: Lagen die Pläne für den „Great Reset“ nicht schon lange in der Tasche? Befürworten Schwab und seine Jünger nicht die Einführung einer digitalen Identität, sprich der kompletten Überwachung? Schließlich ist der - mittlerweile gelöschte - Werbespot aus dem Jahr 2016 doch real, in dem prophezeit wird, wir alle werden 2030 zwar nichts besitzen, aber glücklich sein. Haben nicht alle Staatschefs und Minister der G7-Länder das „Young Global Leader“-Programm des WEF durchlaufen? Und propagiert Klaus Schwab nicht den Verzehr von Insekten?
Eat ze bugz and be happy.
Alle diese Fragen lassen sich mit Ja, oder zumindest einem „Ja, aber…“, beantworten. Unklar ist nur, welche Schlüsse sich daraus ziehen lassen. Die große Verschwörung? Menschen treffen sich - auch mächtige und einflussreiche. Wann immer sich Menschen zusammenkommen, entstehen Beziehungen, Vertrauen, Sympathie, und aus diesen Verbindungen können Entscheidungen entstehen. Treffen, je exklusiver und geheimer sie sind, führen zu Misstrauen bei denjenigen, die nicht dabei sind. Eigentlich geht es nicht um die Verschwörungen der Mächtigen, sondern um etwas anderes:
Eigentlich geht es um den ewigen Kampf zweier Pole menschlicher Organisation: Zentralismus oder dezentrale Netzwerke. Vielfalt oder Einheit. Weltregierung oder förderale Strukturen.
Es war auch etwa um die Jahre 2020/2021, in denen das Wort „Globalist“ eine Art Schimpfwort wurde. Selbst ernannter Infowarrior Alex Jones zum Beispiel verwendet es regelmäßig. Der Begriff entstand im 20. Jahrhundert mit den ersten internationalen Organisationen wie UNO, Weltbank, IWF und WHO. Als mit dem Zerfall des Ostblocks 1990 Lieferketten um den Globus zu spannen begannen, und internationale Konzerne neue Absatzmärkte zu erschließen begannen, macht der Begriff „Globalisierung“ Karriere. Gegen diese weltumfassende Form des Kapitalismus zu sein, war übrigens zunächst ein linkes Anliegen. Bei der „Battle of Seattle“ 1999 protestierten mehr als 50.000 Menschen gegen die Welthandelsorganisation.
Als zehn Jahre später die Weltwirtschaft durch die große Finanzkrise erschüttert wurde, und das formal kommunistische China mit einem Milliarden-Paket die Konjunktur rettete, setzte sich der Gedanke durch, dass globale Probleme die Kooperation aller Staaten erfordern. Schwab hatte 1971 die „European Management Conference“ gegründet. 1987 wurde das alljährliche Treffen in „World Economic Forum“ umbenannt. 2004 kam die „Jugendorganisation“, das Young Global Leader Forum, dazu. Der „Davos Konsens“ wurde zum Inbegriff der Globalisierung.
Nichts verdeutlichte dies besser als die Klimaerwärmung. Die Message: “Ein gefährliches Phänomen, das uns alle bedroht! Nur gemeinsam können wir es schaffen! Vertrauen wir der Wissenschaft!” Die „kollektive Kraftanstrengung“ wurde freilich vor allem vom Fußvolk eingefordert: Ließe sich deren Reisetätigkeit nicht mit einem persönlichen CO2-Kontingent kontrollieren? In den luftigen Höhen der Schweizer Alpen schwebte man eher über den Dingen: Man dachte, plante, lenkte - und flog mit Privatjets ein. Demokratische Kontrolle? Nur in Maßen bitte. 2017 unterstrich der Besuch des Obersten Genossen Xi Jinping die internationale Bedeutung des Forums.
Schwab, das WEF und die Globalisten liefen zur Hochform auf. Jedes Jahr in Davos trafen sich die schlausten, erfolgreichsten, mächtigsten und vielversprechendsten Menschen der Welt, um darüber zu beraten, wie die Probleme der Welt am besten zu lösen seien: Bill Gates, Yuval Noah Harari und irgendwann dann auch Annalena Baerbock.
Dieses Selbstverständnis der „Davos Crowd“ erfuhr durch die Ereignisse in Wuhan 2019/2020 eine scheinbare Bestätigung, die perfekt erschien: Ein Virus bedrohte die Welt. Nur durch die globale Zusammenarbeit führender Experten wie Anthony Fauci mit höchsten Entscheidern konnte das Schlimmste verhindert werden. Mit tanzenden Pflegern aus angeblich überlasteten Krankenhäusern wurde die Weltbevölkerung auf Solidarität mit den Schwachen eingeschworen. Dass Kinder am meisten unter den Lockdowns litten, wurde ignoriert. Die Linke hatte man ohnehin mit der Mischung aus Angstmache und Solidaritäts-Apellen gewonnen. Von da an war es nur noch ein kleiner Schritt, Milliarden von Steuergeldern zu internationalen Pharma-Konzernen zu transferieren. Die Wahrheit über Impfschäden und den Ursprung des Corona-Virus verschleierten Faktenchecker fleißig ganz im Sinne des Ministeriums für Wahrheit. (BlingBling hat darüber mehrfach berichtet, zuletzt im Essay “Glühende Aluhüte”.)
Mit der russischen Invasion der Ukraine hatte man keine zwei Jahre nach Covid bereits das nächste Mega-Thema gefunden, die internationale Kooperation der Eliten erfordert: Die permanente Bedrohung aus Moskau. Zur Not lässt sich die Angstmaschine Klimakrise jederzeit reaktivieren.
Wie diese Mechanismen funktionieren, hat BlingBling in diesem Essay beschrieben: Kanzler der Blackrock-Republik Deutschland - Blackrock und Bundeskanzler Friedrich Merz wollen die Sparguthaben mobilisieren. Was hat es damit auf sich?
All dies wäre vermutlich so weiter gegangen. Davos war für alle Beteiligten ein Gewinn: Politiker dürfen sich als Weltretter fühlen. Internationalen Konzernen ist es erlaubt, mit „innovativen Problemlösungen“ wie Windturbinen, Impfstoffen oder Kampfdrohnen 10 Prozent Rendite und mehr zu kassieren. Das Geld dafür sammeln Regierungen bei ihren Bürgern ein. „Stakeholder Capitalism“ nannte Klaus Schwab das. Die Linke, einst so kritisch gegenüber dem internationalen Kapital, machte mit. Brave New World.
Am Ende aber schlittert das World Economic Forum in die Bedeutungslosigkeit, weil es Grundprinzipien der Selbstorganisation von Leben verkennt. Probleme werden von dezentralen Strukturen besser gelöst als von zentralistischen Organisationen. Die Sowjetunion brach zusammen, weil der Bürokratie-Apparat trotz immenser Größe nicht in der Lage war, Informationen schneller zu verarbeiten als ein freier Markt. Bürokratien und Eliten verknöchern und entfernen sich in ihrer Selbstgefälligkeit von denen, die sie zu vertreten glauben. Wer nicht mitmacht bei der Weltrettung, muss gezwungen werden - sei es mit Maske während Corona oder mit CBDCs bei der Einführung der Weltwährung. Die Wahrheit glaubt man besser in 1500 Meter Höhe zu erkennen - weswegen das WEF kürzlich nochmals den Kampf gegen Desinformation beschwor. Zwang und Angst aber sind schlechte Klammern für acht Milliarden Menschen.
Es ist kein Zufall, dass der Beginn des Endes des WEF in den USA seinen Anfang genommen hat. Trump und Vance beschworen im Wahlkampf auch immer wieder die dezentrale, föderale Struktur der Vereinigten Staaten. Daher rührt auch deren Skepsis gegenüber supranationalen Strukturen wie Weltgesundheitsorganisation, UNO oder Weltbank. Jede dieser Organisationen mag ihren Sinn (gehabt) haben - ihre demokratische Legitimierung aber ist brüchig: Ihre Vorsitzenden und Präsidenten sind nicht wählbar, ihre Politik von den Bürgern nur noch schwer beeinflussbar.
Es ist menschlich, in einer Bedrohungslage „Experten zu vertrauen“ und eigene Rechte abzugeben. In den Zeiten der Römischen Republik wurden in Krisenzeiten Diktatoren ernannt, weil man sich von diesen eine effizientere Problemlösung erhoffte. Ihre Amtszeit war allerdings auf sechs Monate beschränkt. Meist nämlich sind es dezentrale Netzwerke, die große Katastrophen vermeiden - einfach weil sie schneller auf veränderte Umweltbedingungen reagieren können als schwerfällige zentralistische Gebilde.
Beispiel Demokratie: Je komplexer die Systeme, desto störanfälliger wurden Monarchien. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs boten Faschismus und Kommunismus noch einfach Lösungen an. Am Ende aber setzten sich Demokratien als dezentralsten Organisationsstrukturen durch. In der Ökonomie sind es kleine und mittlere Unternehmen, die das Rückgrat der Wirtschaft bilden. Eine Weltregierung aus Konzernchefs, Experten und Politikern? Verlockend, aber keine gute Idee.
Beispiel Meinungsfreiheit: Viele Meinungen sind anstregend. Es gilt, viel Blödsinn zu ertragen. Mit der Zeit aber destilliert sich aus der Kakophonie der Perspektiven und Weltsichten eine Annäherung an die Wahrheit heraus - mit viel Spielraum für Abweichungen. Ein Ministerium für Wahrheit? Verspricht die Welt einfacher zu machen, aber auch keine gute Idee.
Klaus Schwab hat vermutlich erkannt, dass es von nun an rückwärts geht mit der Neuen Weltordnung. Sein Nachfolger Peter Brabeck-Letmathe ist mit 80 Jahren nur sieben Jahre jünger als sein Vorgänger. Dem soll man aktuell unrecht tun. Dass Wasser kein Menschenrecht, ist soll der gebürte Österreicher nie so gesagt haben. In Wahrheit lautete das Zitat: “Es gibt zwar ein Menschenrecht auf Trinkwasser, aber keines, um seinen Swimmingpool aufzufüllen.” Das wollen Faktenchecker, diese Wächter der WEF-Wahrheit, herausgefunden haben.
Wie dem auch sei. Es wird eh kaum mehr jemand interessieren.
Inmitten der globalen Finanzkrise, die Klaus Schwab und seinem WEF einen Höhenflug bescherte, entstand übrigens auch die erste dezentrale Währung des Digitalzeitalters: Am 3. Januar 2009 wurde die erste Bitcoin-Transaktion getätigt. „The Times 03/Jan/2009 Chancellor on brink of second bailout for banks“ stand darin. Sie nimmt Bezug auf die Titelseite der britischen Zeitung „The Times“, in der er es um die global organisierte Bankenrettung ging. Das WEF entschwindet langsam in die Bedeutungslosigkeit und mit ihr der Traum von der Weltregierung. Die Zukunft ist dezentral.
Tutorial: Bitcoin verstehen
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4. Jan.