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@ Genexyz
2024-11-26 13:28:51
### Bitcoin Steuern
Natürlich sehen wir Steuern kritisch. Niemand möchte gerne abgeben, vor allem dann nicht, wenn die verfolgten Ziele des Staates immer schwieriger nachzuvollziehen sind. Um Murray N. Rothbard in "Die Anatomie des Staates" zu zitieren:
> Der berühmte Soziologe Franz Oppenheimer zeigte auf, dass es zwei gegenseitig ausschließende Wege gibt Wohlstand zu erreichen. Einer ist der \[...\] Weg von Produktion und Austausch ‒ er nennt es das „ökonomische Mittel“. Der andere Weg ist einfacher, insofern es keine Produktivität verlangt. Es ist der Weg der Besitzergreifung von Gütern und Leistungen anderer durch die Anwendung von Macht und Gewalt. Dies ist die Methode einseitiger Konfiszierung und des Diebstahls fremden Eigentums. Es ist die Methode, die Oppenheimer das „politische Mittel“ zu Wohlstand nennt. \[...\] Anstelle etwas dem Produktiven hinzuzufügen, subtrahiert es etwas davon ab. Das "politische Mittel" ist lediglich Wertabschöpfung zugunsten eines parasitischen und destruktiven Individuums oder Gruppe.
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Man kann den Gedanken sogar ausweiten und sagen, dass der Staat nicht durch Freiwilligkeit oder den Willen der Beteiligten existiert, sondern durch die Ausübung oder Androhung von Gewalt. Ohne diese hat der Staat keine Möglichkeit, Einnahmen zu generieren. Der Staat schafft keine eigenen Produkte oder Werte, sondern nimmt seine Produkte auf eine von drei Arten: Besteuerung, monetäre Expansion und Konfiszierung (in aufsteigender Reihenfolge der Brutalität gegenüber dem produktiven Individuum). Über monetäre Expansion und Konfiszierung haben wir uns schon an anderer Stelle ausgelassen, also widmen wir uns diese Woche mal der "verschleierten Form der teilweisen Sklaverei".
So wie bei allen Handels- oder Wirtschaftsgütern, Vermögensgegenständen und Wertaufbewahrungsmitteln greift der Staat natürlich auch bei Bitcoin zu. Da der Staat nicht in der Lage ist für alle Einzelfälle Einzelgesetze zu verfassen, muss der Einzelfall zumindest einer Tatbestandskategorie zugeordnet werden. Diese Einordnung obliegt dem jeweiligen Gesetzgeber und dementsprechend fallen die Gesetze rund um die Besteuerung von Bitcoin auch unterschiedlich aus. Viele Gesetzgeber sind sehr vorsichtig bei der Einordnung, da die Kategorisierung von Bitcoin auch über steuerliche Zwecke hinaus Implikationen haben kann. Wie wir bereits in anderen Ausgaben gesehen haben, existiert Bitcoin - anders als Gold, Rohstoffe und gedrucktes Geld - nicht in physischer Form, vielmehr existiert eine digitale Verkettung von Kommunikationen. Es wird kein "Coin" direkt verschoben, alles existiert innerhalb dieser Kette, sondern nur das Recht Transaktionen in einer gewissen Höhe vorzunehmen wird erteilt. Dies macht die Besteuerung im besten Fall knifflig, da Bitcoin in Kategorien gepackt werden muss, in denen vergleichbare Güter existieren. In den meisten Jurisdiktionen wird auf Bitcoin eine Kapitalertragsteuer erhoben.
### Kapitalerstragsteuern
Die Kapitalertragsteuer ist eine Quellensteuer, die beim Erhalt von Kapitalerträgen erhoben wird. Also wenn ein Wirtschaftsgut für einen höheren Betrag verkauft wird, als dieses Gut den Verkäufer beim Ankauf gekostet hat. Der Ertrag, also die Differenz aus Kauf- und Verkaufspreis, wird bei Erhalt als steuerbares Ereignis gewertet und muss demnach in der Steuererklärung berücksichtigt werden. Somit ist die Kapitalertragsteuer ein Teil der Einkommensteuer (oder Körperschaftsteuer).
#### Deutschland
https://www.gesetze-im-internet.de/estg/\__23.html
In Deutschland ist die Gesetzeslage derzeit recht einfach. Einkommensteuergesetz (EStG) §23: Private Veräußerungsgeschäfte regelt die Besteuerung von Wirtschaftsgütern. Copy/Pasta:
> Einheiten einer virtuellen Währung und sonstige Token sind ein „anderes Wirtschaftsgut“ im Sinne des § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 EStG (vgl. Randnummer 31). Gewinne aus der Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Einheiten einer virtuellen Währung und sonstigen Token können daher Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 22 Nummer 2 in Verbindung mit § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 EStG darstellen, wenn der Zeitraum zwischen der Anschaffung und der Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt (für die ertragsteuerrechtlichen Besonderheiten von Utility und Security Token vgl. Randnummern 77 ff.).
Damit werden Digital Assets, und so auch Bitcoin, als immaterielle Vermögensgegenstände steuerpflichtig. Der Steuersatz leitet sich von der Steuerklasse des Steuerpflichtigen ab. Es gibt zwei Möglichkeiten, bei denen keine Steuern auf Erträge aus dem Verkauf von Bitcoins anfallen.
Erstens, wenn der jährliche Betrag unter 600 Euro liegt. Sollte er allerdings darüber liegen, muss der volle Betrag versteuert werden und zu beachten ist auch, dass sämtliche Veräußerungsgeschäfte addiert werden, also nicht nur diejenigen aus dem Verkauf von Digital Assets. Das bedeutet allerdings auch, dass Verluste und Gewinne im gleichen Zeitraum miteinander verrechnet werden können.
Und zweitens, wenn zwischen Kauf und Verkauf mindestens 12 Monate liegen. Im letzteren Fall sollte der Verkauf dennoch in der Steuererklärung angegeben werden, mit dem Vermerk, dass der Kauf über 12 Monate zurückliegt. Dies muss dann dem Finanzamt auch glaubhaft und lückenlos belegt werden können. Benutzt man nur einen Exchange und hat deutlich ersichtliche Ein- und Ausgänge, sowie Käufe und Verkäufe, ist ein einfacher Auszug recht einfach zu erstellen. Handelt man jedoch auf verschiedenen Börsen, hat fraktionale Beträge und wechselt von Bitcoin in andere Digital Assets (du du du!👆), oder andersherum, wird das Ganze schon etwas schwieriger. In diesem Fall sollte man eine klare Dokumentation über die verschiedenen Bewegung führen, sogar Transfers zwischen Wallets desselben Besitzers sollte man vorsorglich dokumentieren.
https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Einkommensteuer/2022-05-09-einzelfragen-zur-ertragsteuerrechtlichen-behandlung-von-virtuellen-waehrungen-und-von-sonstigen-token.html
Besonders schwierig wird es, wenn man mit Bitcoin experimentiert, z.B. verschiedene Zahlungskanäle in Lightning eröffnet, Assets über Counterparty erstellt, etc., da jede dieser Transfers als Gewinnrealisierung angesehen werden kann. Bei der Dokumentation ist es vor allem wichtig den Kurs festzuhalten, denn nachzuweisen, dass man im Wert von 100 Euro Bitcoin erworben und zu einem späteren Zeitpunkt im Wert von 50 Euro Bitcoin verkauft hat, reicht nicht. Denn was zunächst wie ein Verlust wirkt, stellt sich ganz anders dar, wenn man zeigt, dass man für 100 Euro 0.01 bitcoins (Kurs 10.000 EUR/BTC) gekauft und für 50 Euro 0.001 bitcoins verkauft hat (Kurs 50.000 EUR/BTC). Des Weiteren bleibt zu bedenken, dass das Finanzamt die FIFO (First-In-First-Out) Methode benutzt. Da es keine "Coins" (wie das dumme Gold-Coin Bild gerne suggeriert) gibt, muss man dem Finanzamt nicht beweisen, welche UTXOs genau in welcher Transaktion verwendet werden. Dies bedeutet, es wird ganz vereinfacht davon ausgegangen, dass die zuerst erworbenen bitcoins / satoshis auch als erste wieder veräußert, bzw. transferiert werden.
https://bitcoin-kurier.de/kryptowaehrungen-und-steuern-was-beinhaltet-der-bmf-entwurf
Anders verhält es sich beim Mining, denn Einnahmen in Form von Gebühren und Belohnung haben eine andere steuerlichen Auswirkung, als der Handel mit Bitcoin. Diese Einkünfte zusätzliche Einnahmen darstellen und somit der Einkommensteuer unterliegen, abzüglich Ausgaben. Hier muss der Zeitwert der geminten bitcoins zum tatsächlichen Zeitpunkt des Erhalts betrachtet und diese Summe, abzüglich der Kosten, zum normalen Einkommensteuersatz voll versteuert werden. Die Ausgaben berechnen sich auf Strom- und/oder Gerätekosten. Zusätzlich können Steuern anfallen, wenn man Bitcoins noch gewinnbringend nach weniger als 12 Monaten verkauft.
#### USA
Das US-amerikanische Steuersystem ist dem Deutschen insofern ähnlich, als dass es Digital Assets als 'Property', also Vermögensgegenstände. Anders als das deutsche Recht, wird hier nicht zwischen materiell und immateriell unterschieden und es gibt auch keinen Freibetrag (zumindest nicht direkt auf Vermögenswerte). Auch die 12 Monate-Regel ist den Amerikanern bekannt, allerdings wird zwischen Kapitalertragsteuer bei kurzer Laufzeit (<12 Monate) und Kapitalertragsteuer bei langer Laufzeit (>12 Monate) unterschieden. In jedem Fall wird der Verkauf von Digital Assets zu einem steuerbaren Ereignis, lediglich der Steuersatz bei langen Laufzeiten ist niedriger und damit günstiger.
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Im Bundesstaat Colorado lassen sich mittlerweile die Steuern sogar in Bitcoin bezahlen. Der einzige Haken ist, dass man Bitcoin über den Bezahldienst PayPal verwenden muss. Also geht die Regierung Colorados den Umweg über einen Drittanbieter und wird dementsprechend sehr, sehr wahrscheinlich keine eigenen Bitcoins besitzen und langfristig halten wollen, da diese im Zahlungsprozess von PayPal sofort umgewandelt werden.
#### Europa
Auf EU-Ebene gibt es Anzeichen dafür, dass verschiedene Länder und Institutionen auf einen gemeinsamen Regulierungsrahmen drängen. Steuern auf Digitale Assets sind bisher Sache der Mitgliedstaaten und in den Staaten, in denen Besteuerung existiert, werden Digital Assets oft ähnlich behandelt, wie in Deutschland, also als immaterielle Vermögensgüter, bzw. Wirtschaftsgüter. Länder, wie das eingangs erwähnte Portugal, Malta oder Slowenien erheben keine Steuern und sehen sich selbst als Vorreiter für Bitcoin und wollen interessante Standorte für die wachsende Industrie werden. Ein einheitlicher Rahmen wird wohl noch eine Weile auf sich warten lassen, vor allem, wenn man sieht, mit welcher Behäbigkeit die MiCA (Markets in Crypto Assets) Verordnung verabschiedet wird. Verordnungen bedürfen keiner Implementierung durch die Mitgliedstaaten und stellen verbindliches Recht dar. Die MiCA Regulierung legt einen Rahmen für viele Definitionen im Bereich Digital Assets und schafft einen rechtliche Rahmenbedingungen für AML/KYC, VASPs und räumt der ESMA (Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde) gewisse Befugnisse ein. Die MiCA ist ein Thema für eine separate Ausgabe.
Steuern vermeiden
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Es gibt meines Wissens nach nur drei Methoden auf Bitcoin Transaktionen keine Steuern zu bezahlen:
1️⃣ Wie oben schon erwähnt, fallen keine Steuern an, wenn man Digitale Assets länger als 12 Monate hält, bevor diese transferiert werden.
2️⃣ Eine weitere Möglichkeit bietet sich für diejenigen, die dennoch gerne steuerfrei mit Digitalen Assets spekulieren möchten, und für die deshalb eine 12 monatige Wartezeit inakzeptabel ist: Der Umzug in ein Land mit besseren steuerlichen Konditionen, oder besser sogar ohne Steuern auf Transaktionen, bietet hier dem Spekulanten den einzigen Ausweg. ✈🌴
3️⃣ Ein etwas trickreicheres Unterfangen ließe sich auch mit Darlehen bzw. Krediten auf die darunter liegende Anzahl an Bitcoins bewerkstelligen. Wer also sein Bitcoin-Säcklein nicht anfassen will, um steuerbares Ereignis zu provozieren, der sucht sich einen Kreditgeber und verpfändet seine Bitcoins. Solange diese nicht 'physisch' bewegt werden, sondern nur das Eigentumsrecht (z.B. mit Hilfe der Seed Phrase) übertragen wird, erhält der Kreditnehmer Liquidität, ohne Bitcoin verkaufen zu müssen. Anbieter wie HodlHodl bieten verwahrungslose Kreditvergabe mit Hilfe von MultiSig Wallets an. Es gibt natürlich noch weitere Möglichkeiten den Fiskus zu umgehen, doch sind diese alle nicht legal und sollten deshalb nicht besprochen werden.
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Steuern zahlen ist nicht nur nervig und teuer, sondern auch eine schlechte Idee. Um bei Rothbard zu bleiben, ist der Staat "die Systematisierung des Prozesses der 'Plünderei' in einem gegebenen Territorium." Steuern sind also Plünderei und sollten vermieden werden.
Das größte Problem beim Konzept Steuern ist, dass der Staat diese einnimmt, um "den Apparat am Laufen zu halten". Aber wenn das der Fall ist, warum gibt es dann noch das Konzept der Staatsverschuldung und warum können die mit Steuern bezahlten Ausgaben nicht mit dem gleichen Harry Potter-esken Buchführungstrick (Staatsverschuldung) gedeckt werden? Randnotiz: Der Staat benutzt, anders als jedes Unternehmen, keine doppelte Buchhaltung.
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Dem Staat bei seinem Finanzpoker nicht mehr zu vertrauen, ist da keine Blasphemie. Doch da es nicht immer möglich ist, Steuern zu vermeiden und zwischen Steuervermeidung und Steuerhinterziehung immer nur ein schmaler Grat liegt, sollte man zumindest sicherstellen, dass man vernünftig belegen kann, wie man seine Bitcoins (nicht) transferiert hat. Buchführung (!) ist hier besonders essentiell und sei jedem ans Herz gelegt, der zumindest, bis das derzeitige System wie ein schlecht konzipierter "Stablecoin" verpufft, seine Bitcoin Transaktionen sauber und ordnungsgemäß deklarieren möchte, um keine späten Überraschungen zu erleben.
🫳🎤
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In diesem Sinne, 2... 1... Risiko!
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